Digitale Transformation in Medien und Gesellschaft – Rückblick 10 Jahre Thementage ‚Digitale Medien‘

Vor 10 Jahren wurden am Institut KMM die jährlichen Thementage ‚Digitale Medien‘ ins Leben gerufen. 2012 war wie das Vorjahr geprägt vom Arabischen Frühling, und wir diskutierten die ungeahnte Rolle, die die Sozialen Medien mit ihrem Partizipationsversprechen bei diesen Protesten gespielt haben. Es war bereits greifbar, wie sehr und mit welcher großen Geschwindigkeit die digitalen Medien unsere Welt verändern werden. Und damit für mich als Koordinatorin für Medien & Digitales naheliegend, sich auch im Fachbereich Medien am Institut KMM intensiv mit den Herausforderungen der digitalen Entwicklung auseinanderzusetzen. Die Geschwindigkeit dieser Prozesse gab den Ausschlag dafür, ein Format zu wählen, bei dem neben Wissenschaftler:innen auch gezielt Vertreter:innen innovativer Unternehmen und Medien eingeladen wurden. Sie konnten zu jeweils aktuellen Phänomenen und Best Practises berichten, die oft noch keinen Einzug in das bisherige Lehrgebäude des Medienmanagements hatten finden können.

Zwei inhaltliche Schwerpunkte haben, neben vielen anderen, unsere Thementage seither besonders geprägt:

I. GESELLSCHAFTLICHE TRANSFORMATIONSPROZESSE

Die sozialen Medien bieten zweifellos neue Möglichkeiten zur Partizipation und Interaktion. Dem gegenüber werden die zunehmende Ausdifferenzierung und damit die mögliche Fragmentierung der Gesellschaft durch das Internet seit Jahren diskutiert. Diesem neuerlichen „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ haben wir uns genähert über die vertiefte Auseinandersetzung mit den persönlichen Öffentlichkeiten, die in den Sozialen Medien entstehen und ein Gegenmodell zu einer publizistisch-massenmedial hergestellten Öffentlichkeit bilden. Auch die wachsende Menge an Forschungsergebnissen zu sog. Echo Chambers und Filter Bubbles (E. Pariser 2011) erhellen die Einflüsse von Such- und Empfehlungsalgorithmen auf die Ansichten und Meinungen der Menschen.

Darauf aufbauend wird in der Jubiläumsveranstaltung die Frage wie das Internet demokratischen Engagement formt und verändert, Gegenstand eines Gastvortrags sein (Jan-Hinrik Schmidt, Hans-Bredow-Institut für Medienforschung, Hamburg). Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit dem Erklärungsbeitrag der ‚Mediatisierung kommunikativen Handelns‘ (F. Krotz) für die Wechselwirkungen zwischen medialen und kulturellen Wandlungsprozessen und reflektieren unseren Weg in eine digitale Gesellschaft. Damit verbunden ist auch die normative Frage, wie digitale Medien und Infrastrukturen produktiv gestaltet werden können (Prof. Dr. Andreas Hepp, Universität Bremen). Und wir hinterfragen eine umstrittene gesellschaftliche Utopie oder Vision, die von der als Schlüsseltechnologie gepriesenen Künstlichen Intelligenz (KI) ermöglicht werden soll: die digitale Unsterblichkeit der menschlichen Erinnerung (Prof. Dr. Stefan Selke, HS Furtwangen).

II. DIGITALE TRANSFORMATION IN DER MEDIENBRANCHE

Von 2012 an standen auch die Veränderungen in der Medienbranche, d.h. bei den Unternehmen im Bereich der Print-, Online- und Unterhaltungsmedien, regelmäßig auf unserer Agenda. Ein Treiber des Wandels sind die Mediennutzungstrends in der Bevölkerung, die uns auch in diesem Jahr beschäftigen und über unser Informationsverhalten Aufschluss geben. Welche Einflüsse dies auf das journalistische Arbeiten hat, bildete einen weiteren Fokus. Dabei ging und geht es etwa um die Frage, wie die traditionellen Nachrichtenmedien in Zeiten von Fake News ihre Glaubwürdigkeit untermauern und ihre journalistischen Ansprüche und Werte auf neuen, zumeist digitalen Wegen verfechten. In der Jubiläumsveranstaltung beschäftigen wir uns aus dieser Perspektive intensiv mit dem Boom der Podcasts, auch durch Beiträge erfolgreicher Podcast-Moderator:innen (Pia Frey, OMR Podcasterin).

Ein anderer Treiber des Wandels ist das veränderte Werbeverhalten der Unternehmen zusammen mit den technologischen Möglichkeiten im Werbemarkt, die vom einfachen Targeting über die Analyse großer, als Big Data bezeichneten Datenmengen bis beispielsweise zum programmatic advertising reichen. Mit der voranschreitenden Digitalisierung weitet sich die Technologie derzeit immer mehr auf klassische Offline-Kanäle wie Außenwerbung, Fernsehen oder eben Radiosendungen/Podcasts aus, wie wir auf der kommenden Veranstaltung detailliert erfahren werden (Thomas Kabke-Sommer, Crossplan).

III. WEITERE THEMENSTRÄNGE

In den meisten Jahren gab es ergänzende Schwerpunktsetzungen – seien es z.B. zur theoretischen Fundierung einer Re-Materialisierung von Kommunikation mit Prof. Dr. Anke Trommershausen, zur Games-Branche mit Prof. Dr. Lars Schmeink und Thorsten Hamdorf von Game, zur Digitalisierung von Handel und Innenstädten oder zum als New Work bezeichneten Wandel der Arbeitswelt. Allen Mitwirkenden der letzten 10 Jahre sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt!

Prof. Dr. Bettina Rothärmel, Institut KMM


Den Flyer mit dem Programm der Thementage ‚Digitale Medien‘ 2022 können Sie hier herunterladen.

(Stand 21.04.2022, Änderungen vorbehalten)