Bereits zu Beginn des Jahres, vom 07.-09. Januar, hieß es wieder einmal „KMM unterwegs“: mit rund 30 Studenten aus dem Präsenz- und Fernstudium ging es nach Leipzig, wo traditionsreiche Leipziger Musikeinrichtungen, Vereine aus dem Bereich der Kreativwirtschaft und Ausstellungshäuser besucht wurden. Zunächst gab es jedoch einen Zwischenhalt bei der Kulturstiftung des Bundes, in Halle an der Saale.
Kulturstiftung des Bundes (Halle an der Saale)
Was hat eine vergoldete Bruce-Lee-Statue in Lebensgröße auf dem Marktplatz in Mostar, Bosnien-Herzegowina, mit deutscher Kulturförderung zu tun? Eine ganze Menge – erklärte uns Dr. Lutz Nitsche, Referent der Kulturstiftung des Bundes, in Halle. Während unseres Besuchs konnten wir eindrucksvoll erfahren, welchen Besonderheiten die Kulturförderung mit Bundesmitteln unterliegt. Neben dem Grundsatz: „Kulturpolitik und -förderung ist Ländersache“, der weiterhin gilt, konnte unter der Schröder-Administration 2002 die Kulturstiftung des Bundes eingerichtet werden. Über 30 Mitarbeiter setzen sich seitdem gezielt mit gesellschaftlichen Fragestellungen unserer Zeit auseinander und fördern in diesem Zusammenhang Künstler und Projekte. Innovation sowie Internationalität stehen dabei im Vordergrund, ohne nationale Diskurse aus den Augen zu verlieren. Halle an der Saale, als eine Stadt, die sich insbesondere mit der gesellschaftlichen Problematik des demographischen Wandels bestens auskennt, bietet der Stiftung ein spannendes Umfeld, in dem sie sich sehr wohl fühlt. Die Bruce-Lee-Statue übrigens, war eines der ersten Projekte der Stiftung, welches in experimenteller Art und Weise auf der Suche nach einem Friedensbotschafter war. Im Kontext der postjugoslawischen Ikonisierung von Heldentum und aufstrebendem Nationalismus diente die Statue als moderne Verbildlichung absurder Entwicklungen und als Gegengewicht zu nationalistischen Konstruktionen und Interpretationen des öffentlichen Raumes. Wir danken Herrn Dr. Nitsche für diesen spannenden Einblick in die Stiftungsarbeit.
Hostel & Garten Eden
Nach dem Besuch der Kulturstiftung des Bundes erwartete uns in Leipzig ein Kulturtourismus-Workshop der besonderen Art. Von der KMM-Absolventin Gabriela Jonas waren wir in das „Hostel & Garten Eden“ eingeladen worden, einen alten 50er Jahre Bau, den sie zusammen mit drei Freundinnen renoviert. Aus dem derzeitigen Rohbau im Kreativen-Stadtteil Lindenau sollen bis zum Frühjahr 2015 alternative Übernachtungsmöglichkeiten für Rucksacktouristen und kulturinteressierte Reisende entstehen. Die Besonderheit des Hostels wird sich ebenfalls im Programmangebot widerspiegeln, welches den Gästen die Möglichkeit eröffnen soll, Leipzig jenseits der touristischen Sehenswürdigkeiten zu entdecken.
Da dem Hostel-Team während der aufwändigen Umbauarbeiten bisher wenig Zeit für die konzeptionelle Gestaltung des Programmangebots blieb, waren wir eingeladen, die vier Gastgeberinnen mit neuen Inhalten zu unterstützen. Im Anschluss an eine Baustellenbesichtigung wurden in Kleingruppen Veranstaltungsformate konzipiert, Ideen für Kooperationen mit Künstlern und Kultureinrichtungen entwickelt sowie bereits bestehende Ideen für Events weiter ausgearbeitet. Nach der Präsentation unserer Ergebnisse und einer produktiven Diskussionsrunde ließen wir den Abend zusammen mit dem Hostel-Team bei einer Volxküche ausklingen.
Laura Pischek
MDR Orchester
Am Tag zwei der Exkursion waren wir zu Gast beim MDR und konnten dort die Managerin des MDR Sinfonieorchesters, Dr. Karen Kopp treffen. Das MDR Sinfonieorchester ist nicht nur das älteste Radio-Orchester Deutschlands, sondern hat – momentan z.B. mit dem Komponisten und Pianisten Hauschka – auch immer wieder innovative Künstler als „Artist in Residence“ an der Seite.
Karen Kopp berichtete über die vielschichtigen Kommunikationsprozesse, welche zwischen dem Chefdirigenten Kristjan Järvi und den einzelnen Orchestermusikern, sowie dem Management notwendig sind, um ein gutes Miteinander herzustellen, welches auch zu der Qualität der künstlerischen Leistung beiträgt. Ebenso gewährte uns Frau Kopp einen Einblick in die Schwierigkeiten, die sich einstellen, wenn ein Orchester vier Festivals innerhalb einer Spielzeit absolviert – denn insbesondere in den intensiven Vorbereitungsphasen dafür muss der Probenplan eng mit dem Orchester abgestimmt werden.
Gewandhaus & Oper
Umgeben von Fußgängerzonen, der Universität und dem MDR, und nur durch den großen Augustusplatz getrennt, liegen sich das berühmte Gewandhaus und die Oper Leipzig gegenüber. Zunächst besuchten wir das 1981 fertig gestellte „Neue Gewandhaus“, auch drittes Gewandhaus genannt, durch welches wir vom Gewandhausdirektor Prof. Andreas Schulz und dem Verwaltungsdirektor Dr. Gereon Röckrath geführt wurden. Schulz erklärte zunächst die Geschichte und die Entstehung des Gewandhausorchesters und erzählte im Anschluss daran, welchen Aufgaben er als Direktor und damit als Kulturmanager täglich begegnet. Gereon Röckrath führte uns in die verwaltungstechnischen Bereiche des Hauses ein und diskutierte mit uns über finanzpolitische Entscheidungen, rechtliche Rahmenbedingungen und die Navigation dieses Kulturbetriebs.
Das Gewandhausorchester tritt nicht nur in seinem eigenen Konzerthaus auf, sondern spielt, neben vielen Gastspielen im In- und Ausland, auch in der Leipziger Oper. Dort sprachen wir mit Verwaltungsdirektor Ulrich Jagels, der uns in die Geschichte und die aktuellen Strukturen der Oper Leipzig einführte, über neue Veranstaltungsformate referierte und mit uns über die Bilanzen der Oper diskutierte. Auch aktuelle Umbaumaßnahmen, technische Bühnendetails und ihre Auswirkungen auf potentielle Gastspiele und die Verhandlungen mit der Stadt, kamen auf die Agenda. Insbesondere daran wurde einmal mehr deutlich, welchen Aufgaben und Herausforderungen aktuelle und zukünftige Kulturmanager in ihrem Alltag begegnen.
Galerie für Zeitgenössische Kunst
Am Donnerstagnachmittag teilte sich die Gruppe: Ein Teil besuchte die Galerie für Zeitgenössische Kunst und traf dort die Direktorin und Kuratorin Franciska Zólyom. Neben dem Gespräch mit Frau Zólyom konnte auch die aktuelle Ausstellung „Kreativitätsübungen“, sowie die Installation „Lektor“ von „Slavs and Tatars“ besucht werden.
Kreatives Leipzig e.V.
Der andere Teil der Gruppe besuchte den Verein Kreatives Leipzig e.V., der im Tapetenwerk ein Büro hat. Dort gab uns Christian Rost, Mitglied des Vorstands, einen Einblick in die Situation der Kultur- und Kreativwirtschaft in Sachsen, speziell in Leipzig. Er schilderte die Entstehung des Vereins, der neben regelmäßigen Veranstaltungen vielmehr auch als Interessengemeinschaft Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für die Kultur- und Kreativwirtschaft macht. So gab es bei dem Treffen nicht nur Diskussionen über gesellschaftliche Strukturen und den Arbeitsmarkt für kreativ Tätige, sondern ebenso über die Auswirkung von Kultur- und Kreativwirtschaft auf Stadtentwicklung und die auch Leipzig erfassende Platznot für Kreative und Künstler bzgl. Büro- und Atelierräumen.
Zeitgeschichtliches Forum
Am 8. Januar waren wir zu Gast im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig. Dort hatten wir eine Führung durch die Dauerausstellung zu der Geschichte der sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Wir glaubten, vieles über diese Epoche zu wissen, aber die Ausstellungsführerin konnte einige interessante und neue Details aus den Erfahrungen ihrer eigenen Familie erzählen und den zahlreichen Exponaten so Leben einhauchen. Neben dem Nachbau eines „typischen“ Wohnzimmers in der DDR präsentiert das Forum viele Originale auf einer modernen Ausstellungsfläche.
Sehr empfehlenswert, auch für Experten!
Während der Führung mischte sich ein älterer Besucher ein, der Lehrer in der DDR gewesen ist. Er berichtete uns von seiner Begegnung mit einem seiner ehemaligen Schüler an der Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland. Der Herr hantierte vor uns mit seiner Gehhilfe und erzählte, dass der junge Mann dort ein Gewehr auf ihn, seinen ehemaligen Lehrer, gerichtet hatte. Deutsche erhoben Waffen gegen Deutsche. Wir waren sehr beeindruckt von der spontanen Begegnung mit diesem Mann.
Zudem gastiert im Zeitgeschichtlichen Forum aktuell die Ausstellung „Unter Druck! Medien und Politik“. Dort kann man die Nachricht Christian Wulffs hören, die er auf Kai Diekmanns Mailbox sprach und mit der er versuchte, die Berichterstattung über seine Kreditaffäre zu verhindern.
Zeugnisse der Zeitgeschichte!
Annalena Löw
Bach-Archiv und Bach-Museum
Unsere letzte Station führte uns ins Bach-Museum, das gegenüber der Thomaskirche liegt. Dort trafen wir den Geschäftsführer des Bach-Archivs und des Bachfestes, Dr. Dettloff Schwerdtfeger. Er führte uns durch das Bach-Museum, das sich der gesamten Bachfamilie widmet, und berichtete über die Forschungsarbeit des Bach-Archives. Das Museum wartet mit einigen spannenden Stücken auf – so kann man neben der Originalhandschrift von Johann Sebastian Bach auch den Klang verschiedener Orgelstücke erleben und den Stammbaum der Familie nachvollziehen.
Nach der Führung hatten wir im sogenannten Sommersaal Gelegenheit Fragen zu dem renommierten Bachfestival zu stellen und insbesondere über die Marketingarbeit des Festivals zu diskutieren.